Kirche St. Nicolai Unterröblingen  (gemeinnütziger Verein)
 
 
 
 

 Geschichte

Kirchengeschichte: Röblingen und die Kirchenvisitationen im 16. Jahrhundert

 

Die Reformation in der Grafschaft Mansfeld nimmt ihren Anfang mit den Bekenntnissen der Grafen Gebhard und Albrecht zu Luthers Lehre ab 1522 und dem Beitritt zum Schmalkaldischen Bund im Jahr 1530. Mit dem Übergang zum evangelischen Bekenntnis war eine Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse unumgänglich. Im Zuge der Umgestaltung der organisatorischen Strukturen wurde 1546 eine für die gesamte Grafschaft zuständige Superintendentur eingerichtet, die Kirchen wurden in Ämtern zusammengefasst. Die kirchliche Leitung übernahm ein Konsistorium mit Sitz in Eisleben. Die Umsetzung der lutherischen Reformation betraf letztlich also nicht nur theologische Aspekte, sondern umfasste auch eine grundlegende Verwaltungsreform.

 

Erster Superintendent wurde auf Luthers Empfehlung Johann Spangenberg (1546 – 1550), der Vater des vor allem als Historiker und Verfasser der Mansfeldischen Chronik bekannten Cyriakus Spangenberg. Ihm folgte 1551 Georg Major ins Amt, der 1552 abgesetzt wurde. Theologische Streitigkeiten prägten die Zeit des Umbruchs. Unter Erasmus Sarcerius ordneten sich die kirchenpolitischen Verhältnisse zunehmend. Er bekleidete das Amt von 1553 bis 1559 und führte eine Konsistorialordnung ein, mit der auch die Belange der Kirchenvisitationen reglementiert wurden. In Sarcerius Amtszeit fallen drei Visitationen (1554, 1556, 1558), die jedoch nicht die gesamte Mansfelder Grafschaft erfassten. Dazu eine Generalsynode 1554 sowie Teilsynoden 1557 und 1559.

 

Ein Hinweis auf die kirchlichen Verhältnisse in Röblingen findet sich im Zusammenhang mit eben dieser Generalsynode. Das Protokoll zur Synode datiert auf den 13. Februar 1554 und bestätigt die Teilnahme des damaligen Röblinger Pfarrers und dessen Unterzeichnung der gefassten Beschlüsse: „Vitus Vopel, Pastor zu under und ober Reblingen“. Johann Albert Biering vermerkt dazu: „Vitus Vopelius, hat An. 1554 Hr. Superintend. Sarcerio mit unterschrieben“. Es existierte also nachweislich nur eine Pfarrstelle für die beiden Gemeinden Ober- und Unterröblingen. St. Nicolai ist dementsprechend bereits 1554 als Filialkirche der Oberröblinger Pfarre zugehörig. (Deutlicher stellt sich das noch im Protokoll zur Visitation 1560/61 dar.)


 

Hieronymus Menzel trat nach Sarcerius Rücktritt 1560 dessen Nachfolge als Superintendent an und führte die Geschäfte bis ins Jahr 1590. Diese dreißig Jahre währende Amtszeit war nicht nur doppelt so lang wie die seiner drei Vorgänger zusammen, sondern war auch eine Grundlage dafür, das sich die kirchenpolitischen Verhältnisse weiter stabilisierten.

 

Menzels erste Visitation erfolgte ab dem 13. Juni 1560 und erstreckte sich zunächst über die Ämter Eisleben, Mansfeld und Seeburg. In der zweiten Septemberdekade folgte die Begutachtung der kirchlichen Verhältnisse im Amt Schraplau, dem neben Schraplau selbst die Kirchgemeinden in Röblingen, Wansleben, Amsdorf, Stedten, Dornstedt, Steuden, Alberstedt, Hornburg einschließlich Holzzelle, Esperstedt und Asendorf zugehörig waren. Der protokollarische Eintrag zu Röblingen: „... den 13. Septembris zu Ober-Reblingen. Datzu gehoret Under-Reblingen. Der pfarher heyst Veytt Vopel. Ein alter man. Concionabatur male. Er hatt bissher gewonheytt gehabt, nymand insonderheytt beycht zu horen und zu absoluiren, sondern hatt dye Absolution in gemeyn gesprochen.“ Zur Zeit der Visitation vermutlich bereits durch eine der typischen Alterskrankheiten geschwächt, folgte Vopel dennoch dem Ruf nach Eisleben und nahm an der im Februar 1562 einberufenen Synode teil, gemeinsam mit seinem bereits designierten Nachfolger David Hase. Vopel verstarb noch im gleichen Jahr.


 

Seine zweite Visitation führte Menzel 10 Jahre später beinahe auf den Tag genau am 15. September 1570 erneut nach Röblingen. Das für diese Visitation umfangreicher überlieferte Protokoll nennt neben den bis 1575 zuständigen David Hase als Pfarrer „zu Ober- und Nider-Reblingen“ mit Johannes Stütz namentlich auch einen Schulmeister. Außerdem findet sich mit Nennung von „Sehenschoppen“ ein Verweis auf die damals gängige Abgabenpraxis. Die Zehntschöffen wurden aus den Reihen der Ortsansässigen ausgewählt bzw. festgelegt und durch die für die Zehnterhebung zuständige Obrigkeit bestätigt. Sie hatten zu den festgelegten Terminen die Ablieferung der auf den Grundstücken lastenden Abgaben zu überwachen und zu bezeugen. Superintendent Menzel vermerkte die Schöffen namentlich und nennt als Schöffen für Oberröblingen Merten Vogel, Hans Schaper und Augustin Korner, dazu Clemen(s) Steinkopff, George Sommer und Hans Heseler als Unterröblinger Schöffen. (An anderer Stelle im Text findet sich Letzterer als „Hans Hesseler“. Mangels einheitlicher Schreibweise und daraus resultierend die Tatsache, dass Namen nicht nur über die Jahrhunderte immer wieder leicht verändert wiedergegeben wurden, eröffnet dies der Interpretation natürlich ein weites Feld...)

 

Eine Kirchenvisitation nach damaligem Verständnis beschränkte sich nun keineswegs auf eine reine Besichtigung der Baulichkeiten. Vielmehr wurden auch die sittlichen Zustände in den Gemeinden, die Durchsetzung der theologischen Lehren, die Festigkeit im Glauben u.ä. begutachtet. Bei festgestellten Verstößen wurden diese geahndet. Bei den diesbezüglichen Passagen im Text ist auffällig, dass mehr oder weniger nur negative Auffälligkeiten vermerkt wurden. So wurde das „junge volk“ zum Katechismus befragt, jedoch „synt sye ubel bestanden und synt ir wenig gewesen“ und bekannten dazu, „das sye iren Catechismum bey andern pfarhern in andern dorffern gelernet hetten.“ Der Fleiß des Pfarrers wie auch des Schulmeisters darf also zu Recht angezweifelt werden. Was die Verfehlungen Erwachsener anbelangt, stellen das Fernbleiben von Gottesdienst und Abendmahl noch die geringsten Vergehen dar. Da wird einem Junker Zuhälterei vorgeworfen, es ist mehrfach von Ehebruch die Rede, es gibt „volseuffer“, „greuliche lestrunge“ und anderes mehr. Rechtmäßiges und ordentliches Verhalten wurden dagegen nicht erwähnt, somit also als selbstverständlich angesehen.

 

Nicht zuletzt wurden der zur Pfarre gehörende Landbesitz und verschiedene Einkommen vermerkt. Somit fand also auch eine Inventur der materiellen Güter statt. Im Protokoll finden sich entsprechende Einträge: „Die Rechnungen synt richtig, aber die kyrchen- und pfareker synt nicht ordentlich eyngezeychnet.“ Die Unterscheidung in Kirchen- und Pfarräcker kann als Beleg gelten, dass Gewinne aus zur Kirche gehörendem Land dieser zuflossen (Einnahmen aus Verpachtung, Anteile beim Verkauf der Naturalien u.ä.), während Pfarräcker dem Einkommen und Unterhalt der Pastoren dienten. Ein Pfarrer war somit letztlich auch Landwirt, der wohl in den meisten Fällen auch eine Familie zu ernähren hatte. Weiter heißt es: „Auch sollen an dyesem orte dye eker versteynet werden.“ In mehr oder weniger regelmäßigen Abständen fanden Flurbegehungen statt, in deren Verlauf die zu den einzelnen Hofstellen gehörenden Äcker innerhalb der zur Gemeinde gehörenden Flur vermessen und bestätigt sowie deren Grenzen markiert bzw. bestehende Markierungen erneuert wurden usw. Gab es keine natürlichen Grenzen in Form von Wegen, Wasserläufen u.ä., wurden Steine als Grenzzeichen gesetzt.

 

Das „Eynkohmen“ bezieht sich hinsichtlich des Landbesitzes auf „beyde Reblingen“ und nennt „7 Hufen 5 Acker zu beyden pfarren“. Es wird also nicht konkret zwischen Ober- und Unterröblinger Flur unterschieden. Die genannte Fläche dürfte etwa 45 Hektar entsprechen. Dazu kommen „Wiesenflecklein“ und „Rohrflecklein“ – Weideflächen und Heu zur Versorgung des Viehs und Schilf für Bauzwecke. Eine Unterscheidung zwischen den beiden Röblinger Ortsteilen gab es jedoch bezüglich der in Geld zu leistenden Abgaben an den Pfarrer nebst seinen Küster. So hatten die Unterröblinger eine quartalsweise Abgabe zu leisten, während die zur Oberröblinger Pfarre gehörenden Einwohner ein Opfergeld jeweils zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten zu zahlen hatten. Zum neuen Jahr fand ein sogenannter Umgang statt, zu dem jedes Haus ein Brot und eine Wurst oder als Ausgleich einen Groschen zu geben hatte.

 

Der Schulmeister kam bezüglich seines Unterhaltes dabei um einiges kürzer weg: „Ein virtel landes.“ Dazu kamen „20 scheffel Rocken auff zweimal aus ein haus“, also etwa eine dreiviertel Tonne Korn. Auch an Neujahr wurde er bedacht, allerdings erhielt er nur „aus einem haus ein brodt undt ein bradtwurst oder 4 Pfennig zum brode“.

 

Hieronymus Menzels dritter Visitationsbesuch im Kirchenamt Schraplau datiert ins Jahr 1581. In „Ober- und Nider-Reblingen“ war Termin am 1. Sonntag nach Trinitatis, dem Dreifaltigkeitsfest am Sonntag nach Pfingsten. Anno 1581 fiel dieser Tag auf den 28. Mai. Pfarrer in Röblingen war seit 1575 Bartholomäus Behm, nach anderen Quellen auch Behem und Bohemus genannt. Beide Gemeinden bezeugen, „daß er recht und rein lehre, sein Amt mit allem Fleiß und Treue wohl ausrichte und einen christlichen Wandel führe.“ Gegenüber seinem Vorgänger muss er deutlich bessere Arbeit geleistet haben, denn wie Menzel bescheinigt: „Die jungen Leute sind im Katechismus an diesem Orte fast am besten bestanden.“ Der Schulmeister Martinus Byrnstiel wurde dagegen beschuldigt, „daß er ungerne Schule hielte ... übermütig und trotzig wäre.“

 

Was die Verfehlungen der als „Pfarrleute“ bezeichneten Gemeindemitglieder anbelangt, ist in mehreren Fällen von Unzucht die Rede. Weiterhin wird das nicht seltene Ausbleiben verschiedener Einwohner von Gottesdienst und Sakrament gerügt. Historisch interessant sind in diesem Zusammenhang jedoch andere Aspekte, wird doch mit Peter Mebes ein „Schenke zu Unter-Reblingen“ und eine „Kümmelmühle“ genannt. (Welche der Röblinger Mühlen damit gemeint ist, lässt sich an dieser Stelle nicht klären.) Außerdem findet sich ein Hinweis auf den Zustand der Nicolaikirche: „Der Kirchturm ... ist gar baufällig.“ Pfarrer und Gemeinde bitten, „daß unser gnädiger Herr, Graf Christoff, mit einer Schrift gnädig behülflich sein wolle, das Almosen gesammelt werden, damit man zur Bauung der Kirche kommen könne.“ (Gemeint ist Graf Christoph II. aus der Linie Mansfeld-Mittelort.)

 

Überliefert sind auch diesmal die Namen der Zehntschöffen Lucas Hofemann, Peter Sommer und Hans Lummer (Oberröblingen) sowie Adam Schinke, Valten Meller und Ludwig Parmann (Unterröblingen). Historisch gleichfalls interessant wäre natürlich auch eine neuere Beschreibung der Besitzverhältnisse und Abgaben, jedoch verweist Menzel auf das Inventarverzeichnis des Visitierbuches von 1570. Es dürfte somit keine nennenswerten Änderungen gegeben haben. Vermerkt ist jedoch ein „Pfarrvergleich“ 1575. Bei Bohemus Amtsantritt ist also eine ordnungsgemäße Übergabe der Ländereien und des Zubehörs erfolgt.

 

Eine Tradition ist Pfarrer und Schulmeister jedoch geblieben: „Ein Umgang Brote zu Neujahr, aus jedem Hause eins, und Würste.“